Über die Individualpsychologie

Die Individualpsychologie wurde begründet von Dr. Alfred Adler (1870 - 1937). Sie ist eine praktische und für jeden anwendbare Tiefenpsychologie.

 

lat. individere = unteilbar

Der Mensch ist in seinem Denken und Handeln als ganzheitliches Lebewesen anzusehen.

Der Mensch ist nicht teilbar.

Das Unterbewusstsein und das Bewusstsein handeln nicht autonom. Die Einteilung in „Ich, Es und Über-Ich“ hält die Individualpsychologie für nicht richtig. Der Mensch ist mehr als die Summe seiner einzelnen Teile. In seiner Gesamtheit wird er zu einer schöpferischen Einheit, und damit wird der Mensch zu einer schaffenden Kraft.

 

Das Menschenbild der Individualpsychologie ist ein positives und baut auf dem Selbstwertgefühl, der Selbstachtung und dem Selbstvertrauen auf.

 

Der Mensch ist ein soziales Wesen

Menschen wollen sich zu anderen Menschen zugehörig fühlen. Wenn dies es Menschen durch nützliches Verhalten nicht möglich ist, d.h. wenn sie sich ausgeschlossen fühlen, dann schlägt dieser Wunsch um und störendes Verhalten wird produziert. Nur wenn Menschen, die sich zugehörig fühlen, leisten sie ihren Beitrag.

Psychische Gesundheit hängt sehr davon ab, wie gut es ein Individuum schafft, seine

egozentrische Ichhaftigkeit zu überwinden und sich am Wohle der menschlichen Gemeinschaft zu widmen und seinen Platz zu finden und soziale Begiehungen zu pflegen.

Das „Wirgefühl“, das die Individualpsychologie „Gemeinschaftsgefühl“ nennt, gilt es zu stärken und zu fördern. Menschen brauchen einander für ihr persönliches Wachstum und gewinnen ihre Bedeutung in der Beziehung zu anderen. „Der Mensch ist und wird“ - der Mensch hat die Kraft, sein Leben selbst zu gestalten.

Wenn Menschen sich zugehörig fühlen, haben sie ihren Platz und wissen, dass dieser unabhängig ist von der Meinung der anderen. 

 

Wir sind Gestalter und nicht Opfer

Schuldzuweisungen sind der falsche Weg, der nur davon ablenkt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Leider wird die Selbsterziehung oft vernachlässigt.

Wir leben mit Meinungen und Anschauungen, die wir seit unserer Kindheit gewonnen haben. Störende Handlungsmuster haben wir uns so jahrelang eingeprägt.

Niemand muss jedoch so bleiben, wie er geworden ist. Was er erkannt hat, kann er bewusst ändern, seinem Leben eine bestimmte Richtung geben. (Selbsterziehung). Jeder Mensch ist für sein eigenes Handeln selbst verantwortlich.

Wenn ein Mensch glaubt, er muss sein Leben lang so bleiben, wie er geworden ist, dann nimmt er sich selbst viele Chance.

Der Mensch ist ein entscheidungentreffendes Wesen.

 

Selbsterziehung

Andere Menschen können wir nicht ändern, aber wir können an uns selbst arbeiten, um uns weiterzuentwickeln. Das Wort Er-wachsen beinhaltet im Wortstamm WACHSEN, dass es darum geht, sich zu entwickeln und heranzureifen. Wir sind nicht hier auf dieser Welt, um der Beste von allen zu sein, sondern wir sind hier, um unser Bestes zu geben. Und doch lassen sich die meisten Menschen
von unwochtigen Dingen und den Verführungen des Materialismus ablenken. Wir sind hier auf
dieser Erde um zu werden, nicht um zu haben.

 

Zielgerichtetheit

Jedes menschliche Verhalten ist zielgerichtet. Wir haben bewusste Ziele und auch unbewusste, die uns oft Schwierigkeiten bereiten. Nur durch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensstil, sind diese unbewussten Ziele für uns erkennbar. Es erfordert bewusste Entscheidungen und Zielsetzungen, die uns auf einen anderen, neuen Weg bringen.

Jeder Mensch verfügt über ein Repertoire an Verhaltensweisen, durch das Encouraging-Training kann dieses Repertoire erweitert werden.

Menschen, die sich selbst Ziele setzen, machen sich weniger abhängig von anderen.

 

Minderwertigkeitsgefühl

Das Minderwertigkeitsgefühl, das aus dem Gefühl der Unvollkommenheit, der Unvollendung und aus dem ununterbrochenen Streben der Menschen kommt, beschäftigt uns täglich. Jeder Mensch hat Minderwertigkeitsgefühle und strebt nach Anerkennung und Geltung. Minderwertigkeitsgefühle sind jedoch immer subjektiv und es kommen aus dem Vergleichen mit anderen Menschen.

„Sich minderwertig fühlen hat nichts damit zu tun, minderwertig zu sein“ -Rudolf Dreikurs Der einzige Weg aus der Minderwertigkeit heraus ist die Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit:

„Ich bin ich. So wie ich bin, bin ich gut genug und Du auch“.

Wir haben jedoch leider nur selten das Gefühl vermittelt bekommen, dass wir so wie wir sind gut genug sind. Seit der Kindheit wurden wir mit Anforderungen und Erwartungen konfrontiert, die uns zu der Meinung kommen lassen, dass wir, so wie wird sind, nicht gut genug sind.

 

Mut zur Unvollkommenheit

Menschsein bedeutet auch Fehler machen zu dürfen. Heißt aber auch, nicht in den Fehlern
zu verharren, sondern daraus zu lernen, denn jeder Fehler ist ein Sprungbrett zur persönlichen Weiterentwicklung.Lernen gehört zur Natur des Menschen wie die Fähigkeit zu gehen und zu sprechen. Lernen heißt auch, den Mut zu haben, sich selbst zu verändern, sich selbst zu öffnen. Damit verbunden ist natürlich ein unerschütterlicher Glaube an sich selbst, an die Möglichkeiten, die Ressourcen und Fähigkeiten, die in jedem von uns stecken und auch an deren Umsetzung.

 

Ermutigung

Mit dem Prinzip Ermutigung bietet die Individualpsychologie eine Methode an, die das natürliche Potential des Menschen nutzt und fördert.

Jeder soziale Kontakt zu einem anderen Menschen hat Einfluss auf dessen Stimmung bzw. beeinflusst seine Haltung und innere Einstellung. Eine ermutigende Haltung bestärkt einen Menschen in seinem Selbstwertgefühl und stärkt sein Selbstbewusstsein.

Zu lange schon leben wir in einer Atmosphäre der kritischen Haltung, der Fehlerbezogenheit, des Misstrauens und der Geringschätzung gegenüber unseren Mitmenschen.

Die Prinzipien der Individualpsychologie geben Antworten und Impulse, den Herausforderungen, denen wir heute gegenüberstehen, adäquat zu begegnen. In einer Zeit des Umbruchs und der Neuorientierung sind Mut, Kreativität und Engagement gefragt.



 

Kindheit

Der Einfluss der Kindheit spielt auch in der Individualpsychologie eine große Rolle. Jedoch wird sie nicht breit analysiert, sondern Erkenntnisse für die Zukunft sollen gewonnen werden.  Gebildete Meinungen aus der Kindheit begleiten uns das Leben lang. Oft kommt es v.a. in der Partnerschaft zu Problemen, wenn wir diese Prägungen nicht erkennen oder nicht darüber sprechen. Wir gehen oft davon aus, dass der Partner weiß, was wir möchten, ohne dass wir es aussprechen. Durch diese Meinung kommt es zu Missverständnissen und Konflikten, denn natürlich kann niemand die Wünsche der anderen von ihren Augen ablesen. Einfacher ist es, seine Bedürfnisse offen auszusprechen. Danach kann der Partner entscheiden, ob er diese erfüllen kann und möchte.

 Wer seine in der Kindheit getroffenen Irrtümer korrigiert, dem bietet das Leben eine unendliche Fülle an neuen Perspektiven.



Soziale Gleichwertigkeit

Die Menschen sind nicht gleich, haben auch nicht die gleichen Pflichten und Verantwortungen, aber sind sie alle den gleichen Wert. Dieses Prinzip beruht auf Achtung,  Respekt und Würde jedes Individuums.

 

Pädagogik

Nach dem Ersten Weltkrieg baute Adler im Rahmen der österreichischen Schulreform der 20er und 30er Jahre in Wien 30 Erziehungsberatungsstellen auf, an denen MitarbeiterInnen von ihm leitend tätig waren. Zudem beriet er Lehrkräfte mit schwierigen Kindern.